Der Fertő-tó / Neusiedler See liegt teils in Ungarn und teils in Österreich. Er wurde auf Antrag beider Länder in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Der See ist ein Teil des Nationalparks Fertő-Hanság. Die UNESCO erklärte ihn im Jahre 1979 zum Biosphärenreservat, heute findet er als Wildwasser von internationaler Bedeutung Beachtung. Im Interesse des Schutzes der zahlreichen, als Raritäten geltenden und nur hier lebenden Pflanzen und der mehr als 200 nistenden und vorüberziehenden Vogelarten können bestimmte Teile des Nationalparks nur mit Genehmigung und unter sachkundiger Führung besichtigt werden. Der Neusiedler See ist im Sommer sehr beliebt, ein parkähnlicher Strand, das warme Wasser und gute Möglichkeiten zum Baden, Surfen, Bootfahren und Segeln erwarten hier die Besucher. Um den See herum wurden Fahrradwege angelegt.
Der Neusiedler See ist der westlichste Vertreter der Steppenseen Eurasiens und gleichzeitig der größte alkalische See Europas. Das seichte Wasser des Sees erwärmt sich schnell, die Wassertiefe verändert sich ständig, erreicht aber durchschnittlich nicht einmal eine Tiefe von 1 m. Der See war schon mehrmals ausgetrocknet, zuletzt zwischen 1867 und 1871. Er wird vorwiegend von Grund- und Niederschlagswasser gespeist, außerdem münden zwei Bäche in den See. Der Neusiedler See hat keinen natürlichen Abfluss, das Wasser wird vom Hanság-Hauptkanal abgeleitet. In dem relativ kleinen Gebiet des Neusiedler Sees sind die klimatischen Verhältnisse recht unterschiedlich. Das Zusammentreffen und die Wechselwirkungen von kontinentalem, submediterranem und subalpinem Klima ermöglichen die Existenz einer vielfältigen Pflanzen- und Tierwelt. Das Ufer des Sees wird von der natürlichen Flora eines kontinentalen, alkalischen Sees und der an Meeresufern typischen Vegetation, die einen gewissen Salzgehalt zulässt, begrünt und verschönt. Die üppigen Schilfdickichte und die etwa 80 salzhaltigen Sumpfflecken bilden ein wahres Vogelparadies. Die Umgebung des Sees ist seit 8000 Jahren ein Treffpunkt der verschiedenen Kulturen. Bei archäologischen Ausgrabungen wurden aus dem 6. Jahrhundert stammende Gegenstände freigelegt, die auf menschliche Siedlungen hinweisen. Auch Kelten und Römer lebten hier. Zum Beispiel fand man hier die Überreste eines römischen Bades aus der Zeit des Marcus Aurelius (161-180). Der hiesige Kalkstein wurde schon von den Römern abgebaut. Der ehemalige Steinbruch von Fertőrákos dient heute bei Theaterund Opernvorstellungen als einzigartige und festliche
Kulisse.
Neben den Naturschönheiten ist auch die volkstümliche Architektur dieser Landschaft sehenswert. Die in der Nähe des Fertőd gelegenen Ortschaften – Balf, Hidegség, Fertőboz, Hegykő – haben ihren Ursprung im Mittelalter. Die bedeutendsten Schlösser der Umgebung wurden im 18. Jahrhundert erbaut. Joseph Haydn wirkte mehr als 10 Jahre im heutigen Fertőd im prachtvollen Schloss Esterházy als Hofkomponist und Hofkapellmeister. Im ehemaligen Stammschloss der Familie der Grafen Széchenyi in Nagycenk kann man heute eine Ausstellung besichtigen, die das Lebenswerk des „größten Ungarn”, István Széchenyi, vorstellt. Unweit vom Schloss führt eine Schmalspurbahn nach Fertöboz, wo sich von der klassizistischen Gloriette aus eine herrliche Aussicht auf den schillernden Wasserspiegel des Sees eröffnet. Neben Ackerbau und Viehzucht kann hier auch die Kultur des Weinbaus auf sehr lange Traditionen zurückblicken. Aus den in der hügeligen Gegend gedeihenden Reben entsteht der berühmte und vollmundige Rotwein der beliebten Sorte „Blaufränkischer”. Die ständigen Veränderungen der Landschaft wurden schon seit alten Zeiten von den hier lebenden Menschen in Form von Sagen und Märchen beschrieben und überliefert, sie gehören unzertrennlich zum kulturellen Erbe dieser Region. Die Umgebung des Fertő-tó/Neusiedler Sees ist das Ergebnis einer einmaligen Natur und einer besonderen Entwicklung, bei der die kulturelle Vielfalt der hier lebenden verschiedenen Völkergruppen eine wesentliche Rolle spielte. Drei Viertel des Sees liegen in Österreich, doch wir betrachten den See trotzdem als eine gesamte Natureinheit, die nicht durch nationale Grenzen geteilt werden darf.